Blog der Lösungsfabrik

Qualitätsmanagement und ISO 9001

Zum Thema Qualitätsziele RICHTIG formulieren und umsetzen

Vor einigen Tagen habe ich mit einem Kunden ein sehr intensives Gespräch über alle möglichen Facetten von Qualitätszielen geführt. Ich hatte Ihm im Gespräch erzählt, dass wir für und in seinem Qualitätsmanagement Ziele benötigen. Er wollte das dann gleich abkürzen und hat mir gesagt, dass ich mir darüber keine Gedanken machen brauche, da er schon Ziele im Kopf habe. Auf meine Nachfrage, was das denn beispielsweise für Ziele wären, war seine Antwort ungefähr die – natürlich die Zufriedenheit unserer Kunden steigern und insgesamt die Qualität unserer Dienstleistung erhöhen. O.k., damit hat er mir praktisch den Ball freistehend vor dem Tor zugespielt und ich musste ihn nur noch reinmachen. ;-)

Natürlich sind das Ziele, bzw. Zustände die man anstreben sollte. Wirkliche Qualitätsziele können aber wesentlich mehr, müssen dafür aber auch anders formuliert werden. Da möchte ich diesbezüglich auf die Normforderung der ISO 9001, die SMART-Regel, Zielauswertung und einiges mehr eingehen.

 

Forderung der ISO 9001 und der gesunde Menschenverstand

Die ISO 9001 fordert ganz explizit, dass es Qualitätsziele geben muss und dass diese messbar sein müssen. Ebenfalls müssen in der Managementbewertung  die Qualitätsziele ausgewertet werden. Also wer sich nicht automatisch nach dem gesunden Menschverstand Ziele vornimmt, der wird ja sowieso von der ISO 9001 dazu verdonnert. Wie sagte schon Michel de Montaigne – „Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt.“ Und damit wären wir wieder beim Thema gesunder Menschenverstand (den man im Bereich QM übrigens häufiger mal verwenden sollte ;-) ). Natürlich brauche ich ein Ziel, damit ich weiß in welche Richtung ich mich bewegen muss, was ich tun muss…

 

(Qualitäts-)Ziele müssen SMART sein

Und an dieser Stelle trennt sich oft schon die Spreu vom Weizen. Jegliche Art von Zielen muss SMART sein, sonst bringen sie bestenfalls nicht, können aber unter Umständen auch kontraproduktiv sein. Doch wofür steht SMART eigentlich?

S – Specific – spezifisch

M – Measurable – messbar

A – Accepted – akzeptiert / attraktiv

R – Realistic – realistisch

T- Timely – terminiert

 

S wie spezifisch

Natürlich kann man Ziele auch völlig unspezifisch halten. Aber dann verlieren Sie an Griffigkeit. Ich kann mir natürlich vornehmen die Bearbeitungszeit zu verkürzen. Aber welche Bearbeitungszeit? Die von Kundenanfragen, die per Mail gekommen sind? Die Bearbeitungszeit von Rechnungen die per Post gekommen sind? Oder die Bearbeitungszeit von telefonischen Kundenrückfragen? Hier heißt es einfach genau spezifizieren!

 

M wie messbar

Bleiben wir einfach mal bei dem Beispiel mit der Bearbeitungszeit und gehen davon aus, dass damit Kundenanfragen per Mail gemeint sind. O.k., wir haben es spezifiziert, aber wenn wir uns dann zwischen Weihnachten und Neujahr in den etwas ruhigeren Tagen hinsetzen und schauen möchten, ob wir unser Ziel erreicht haben, dann können wir einfach nur mit den Schultern zucken. O.k., ersten Fehler – wir haben keinen Ausgangswert. Naja, da machen wir uns die Arbeit und rechnen mal nach, dass wir im Monat Februar im Durchschnitt 53 Stunden gebraucht haben, um eingegangene Kundenanfragen zu beantworten. Wenn wir uns dann die Monate Oktober / November / Dezember nehmen und nachrechnen, dann kommen wir auf eine durchschnittliche Antwortzeit von 51 Stunden. Ist das jetzt ein Grund sich zu freuen? Haben wir unser Ziel erreicht oder wäre mehr möglich gewesen? War es Zufall, dass es zu dieser geringen Differenz gekommen ist? Wir wissen es nicht! Unser Ziel war nicht messbar, also können wir es nicht korrekt auswerten.

 

A wie akzeptiert (teilweise auch attraktiv genannt)

O.k., wir haben unser Ziel jetzt spezifiziert und messbar gemacht. D.h. der Geschäftsführer geht jetzt in den Vertriebsinnendienst, lässt alle Mitarbeiter im Halbkreis aufstellen und verkündet ganz stolz: Wir wollen die Bearbeitungszeit von Kundenanfragen per Mail von momentan 54 Stunden auf unter 48 Stunden senken. Dann dreht er sich rum und geht aus dem Raum. Die Mitarbeiter schauen sich gegenseitig an und denken, was ist denn unserem Chef über die Leber gelaufen, gehen wieder an ihren Arbeitsplatz und schütteln ob dieser skurrilen Szene noch Tage später den Kopf. Eins hat das Ziel auf jeden Fall nicht geschafft, die Akzeptanz der Mitarbeiter zu erhalten, die es dann auch umsetzen bzw. erreichen sollen. Es wäre deutlich besser gewesen auch zu erklären warum und unter Umständen sogar mit welchen Maßnahmen das Ziel erreicht werden soll. Nur so kann letztendlich auch die Akzeptanz in diesem Beispiel erreicht werden.

 

R wie realistisch

Gehen wir also mal davon aus, dass dem Geschäftsführer klar ist, dass Ziele spezifiziert, messbar und akzeptiert sein müssen. Also stellt er sich vor die Mitarbeiter des Innendienstes und erklärt ihnen sehr überzeugend, warum die Beantwortungszeit von Kundenanfragen gesenkt werden muss und zwar von momentan 54 Stunden auf unter 4 Stunden. Ratloses Kopfschütteln. Dieses Ziel ist nicht zu erreichen, jedenfalls nicht, wenn nicht die Personaldecke verdreifacht wird oder keine anderen Arbeiten mehr erledigt werden sollen. Und was passiert mit solch einem unrealistischen Ziel. Man versucht es nicht zu erreichen, weil eine Erreichung ja gar nicht möglich ist.

 

T wie terminiert

O.k., das Ziel ist fast korrekt formuliert und von den Mitarbeitern akzeptiert – die Bearbeitungszeit von Kundenanfragen per Mail soll von momentan 54 Stunden auf unter 48 Stunden gesenkt werden, also eine realistische Verbesserung von ca. 10%. Aber ganz ehrlich, so messbar wie es ist, so realistisch und akzeptiert, es wird immer Gründe dafür geben, warum man es nicht gerade jetzt oder kurzfristig umsetzen kann oder sollte. Da ist die Grippewelle, die die halbe Belegschaft zu Hause hält, da ist die Saison – da kommen so viele Kundenanfragen, da sind wie froh, wenn wir die überhaupt irgendwie schaffen. Da sind die großen Sommerferien, da sind wir eh knapp besetzt…. Gründe gibt es viele es nicht gerade jetzt oder kurzfristig zu machen! Natürlich braucht unser Ziel auch einen zeitlichen Rahmen. Es ist so wie mit der Verantwortung – wenn alle die Verantwortung tragen, dann trägt sie im Endeffekt keiner. Und wenn wir ein (noch so gutes Ziel) nicht terminieren, dann setzen wir es mit größter Wahrscheinlichkeit nie um.

 

 

Qualitätsziele Beispiele richtig formuliert

Beispiel 1

Wir möchten die Bearbeitungszeit von Kundenanfragen per Mail bis zum Ende des nächsten Quartals von momentan durchschnittlich 52 Stunden auf dann nur noch 48 Stunden senken.

 

Beispiel 2

Wir möchten bis Ende diesen Jahres umsetzen, dass in unserer Arztpraxis kein Patient länger als 20 Minuten im Warteraum auf seinen Arztbesuch warten muss.

 

Beispiel 3

Wir möchten die Anzahl der Reklamationen bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres um 15% senken.

 

Tipps zur Umsetzung

Doch ein smartes Ziel ist nicht immer auch ein Garant für Erfolg, dafür hier noch einige Praxistipps.

Die Akzeptanz von Zielen kann dadurch erhöht werden, indem man schon einen Weg der Erreichung aufzeigen kann. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben, da könnte es zum Beispiel die angekündigte Maßnahme sein, dass man von nun an mit vorformulierten Standartmails arbeitet, die schon aufzeigen, dass sich dadurch der Arbeitsbedarf verringern wird.

Wenn Ziele auf einen längeren Zeitraum terminiert sind, zum Beispiel Ende des nächsten Jahres o.ä. dann ist es immer ratsam entweder mit Zwischenzielen zu arbeiten oder aber Zwischenstände zu ermitteln. Dann merken sie relativ schnell, ob sie auf dem richtigen Weg sind oder nicht. Ansonsten stellen Sie erst nach dem langen Zeitraum fest, dass sie das Ziel nicht erreicht haben und haben die komplette Zeit „verschenkt“.

Die Erfahrung im Bereich Qualitätsziele zeigt außerdem, dass viele Unternehmen zu viele Ziele haben. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich dann lieber weniger Ziele zu habe, dafür aber wichtige Ziele und solche, die wirklich helfen das Unternehmen und die Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen zu verbessern und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Empfehlenswert ist (in der Regel) auch die Bekanntmachung der Ziele. Das ist zwar in der ISO 9001 nicht gefordert, allerdings sollten die Mitarbeiter meiner Meinung nach schon wissen, wonach sie eigentlich streben sollen.

 

Q-Ziele auf Ebenen herunterbrechen

In der ISO 9001 ist formuliert, dass die Ziele für „zutreffende Funktionsbereiche und Ebenen“ einer Organisation erforderlich sind. O.k., das ist die Normforderung, allerdings empfehle ich auch Qualitätsziele so weit und angemessen herunterzubrechen, zum Beispiel auf Abteilungs-, Team- und ggf. Arbeitsplatzziele. Natürlich hört es sich immer einerseits gut an, wenn die Ziele möglichst global und breit gestreckt sind. Allerdings darf dabei nie das Thema Mitarbeitereinbindung und -Motivation vergessen werden. Dem Mitarbeiter muss bewusst sein, dass er ein Zahnrad im Getriebe ist und wie ER an seinem Arbeitsplatz, in seinem Team und in seiner Abteilung dazu beitragen kann, dass die insgesamten, unternehmensweiten Ziele erreicht werden.

 

Auswertung frühzeitig planen

Die Auswertung der Ziele sollte möglichst frühzeitig, optimal wäre schon bei der Erstellung, geplant werden. Ich kenne leider zu viele Unternehmen, die sich in gelegentlichen Anfällen von Euphorie immer wieder neue Ziele vornehmen. Nach einer gewissen Zeit ist diese Euphorie allerdings verschwunden und an die Auswertung der Zielerreichung denkt dann keiner mehr.

In der Regel empfiehlt es sich diese Auswertung in regelmäßigen Abständen durchzuführen. Zum Beispiel Ziele in der Kundenzufriedenheit quartalsweise oder halbjährlich. Das bringt Kontinuität in die Angelegenheit und wenn man die Ziele erreicht hat, kann man sich neue / andere Ziele setzen. Hat man die Ziele nicht erreicht, so wird man dies dann auch in regelmäßigen Abständen merken und kann Maßnahmen ergreifen von denen man ausgeht, dass diese einen bei der Zielerreichung unterstützen.

Der Zeitraum zur Auswertung von Qualitätszielen sollte allerdings sinnvoll und angemessen auf das Ziel gewählt werden. Wenn ich Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit ergreife, so sollte der Abstand zur Auswertung nicht zu gering sein, damit sich diese Maßnahmen auch auf die Kundenzufriedenheit auswirken können. Sollte ich allerdings einen Produktionsprozess ändern, so darf ich diesen natürlich nicht erst drei Monate laufen lassen, sondern muss hier schnellstmöglich schauen, ob ich die darin gesetzten Ziele auch erreicht habe.

 

Soviel von meiner Seite aus zum Thema Qualitätsziele und wie man diese richtig formuliert und umsetzt. Sollten noch Fragen offen geblieben sein, so schreiben Sie mir gerne eine Mail oder einen Kommentar unter diesen Beitrag. Ansonsten bleibt mir nur noch Ihnen viel Spaß und Erfolg bei der Zielsetzung und (hoffentlich) Zielerreichung zu wünschen.

, , , , , , , ,

2 thoughts on “Zum Thema Qualitätsziele RICHTIG formulieren und umsetzen
  • Stefanie Maag sagt:

    Guten Abend,
    vielen Dank für den tollen Artikel über Qualiltätsziele.
    Wie würden Sie denn eine Email forumlieren in der die Mitarbeiter dazu aufgefordert werden Qualiätsziele vorzuschlagen?
    Viele Grüße
    Stefanie Maag

    • Hallo Frau Maag,

      vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Ich halte eine Email nicht für den sinnvollsten Weg, da ich selber die persönliche Kommunikation vorziehe. Allerdings gilt auch hier wieder, dass es auf die Größe und Aufbauorganisation des Unternehmens ankommt.

      Nehmen wir als Beispiel mal ein mittelständisches Unternehmen mit ca. 200 Mitarbeitern. Dort könnte der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin die globalen Qualitätsziele festlegen. In einer Besprechung mit den Abteilungsleitern könnten diese dann heruntergebrochen werden auf die einzelnen Abteilungen und die Abteilungsleiter brechen das dann herunter auf ihre einzelnen Teams. Dann können die Teamleiter mit Ihren Mitarbeitern Teamziele erstellen. Dieser Prozess sollte vom QMB begleitet werden. Wenn dann die einzelnen Mitarbeiter nicht nur die Teamziele selber entwerfen, sondern (wie nach der neuen ISO 9001 gefordert) auch gleich Maßnahmen zu deren Erreichung festlegen, dann werden diese ihre selber gesteckten Qualitätsziele motiviert versuchen zu erreichen. Für mich wäre dies dann eine optimale Mitarbeitereinbindung in diesem Bereich.

      Viele Grüße
      Michael Thode

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert