Zum Thema Qualitätsziele
Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt.
Michel de Montaigne
Qualitätsziele sind ein elementarer und vielfach auch entscheidender Baustein in einem Qualitätsmanagementsystem, nicht nur weil diese explizit von der ISO 9001 gefordert werden. Sie dienen der Orientierung im Qualitätsmanagementsystem – denn wenn ich keine Ziele habe, dann weiß ich nicht, in welche Richtung ich tätig werden soll und kann außerdem auch nicht den Erfolg meiner Tätigkeiten messen. Dabei kommt es unter anderem auf die Wahl der richtigen Ziele an, auf die Anzahl der Ziele und zum Beispiel auch auf die verschiedenen Ebenen, für die ich diese Ziele definiere.
Qualitätsziele müssen SMART sein
Hier unterläuft einigen Unternehmen schon bei der Definierung der Qualitätsziele ein Fehler, wenn diese nicht der SMART-Regel entsprechen. Doch warum ist dies so wichtig? Gehen wir einfach mal auf die einzelnen Begrifflichkeiten genauer ein.
Spezifisch
Jedes der Qualitätsziele muss spezifisch sein. Es reicht dabei nicht, allgemeine Floskeln zu verwenden, sondern es muss genau definiert werden, was damit gemeint ist. Ein Qualitätsziel „Wir möchten bessere Qualität abliefern“ ist nicht spezifisch genug und könnte gleich weggelassen werden. Sie haben keinen Ansatzpunkt für mögliche Tätigkeiten um dieses Ziel zu realisieren. Formulieren Sie es jedoch anders „Wir möchte die Anzahl der Qualitätsreklamationen senken“ (entspricht nicht der gesamten SMART-Regel – ist aber spezifisch), so können Sie darauf aufbauen. Wenn Sie jetzt die Reklamationen überprüfen, kategorisieren und auswerten, so haben Sie mögliche Ansatzpunkte gefunden. Wenn Sie dort an den „Stellschrauben“ drehen, dann steigt die Qualität Ihrer Produkte oder Dienstleistungen und sinkt automatisch die Reklamationsrate. Sie haben folglich zufriedenere Kunden und geringere Kosten für die Reklamationsbearbeitung, Fehlerbehebung…
Messbar
Qualitätsziele sollten immer auch messbar sein. Das oben genannte Ziel „Wir möchten die Anzahl der Qualitätsreklamationen senken“ ist spezifisch genug, leider aber nicht messbar. Bedeutet, wenn wir über einen vorher definierten Zeitraum die Anzahl der Reklamationen, im Vergleich zum Vergleichszeitraum, um eine senken, haben wir das Ziel schon erreicht. Besser ist es hier, eine genaue Messbarkeit sicherzustellen. Dies kann ganz einfach passieren, in dem man sich einen prozentualen Zielwert setzt – gut wäre da zum Beispiel „Wir möchten die Anzahl der Reklamationsrate um 10% senken“. Noch besser ist es allerdings, wenn man das Ziel in Relation zum Ausgangswert, also den Verkaufszahlen setzt. Denn fallen oder steigen diese, ist das obige Qualitätsziel nicht aussagekräftig. Also sollte das Qualitätsziel eher so formuliert werden: „Wir möchten höchstens für 1,5% unserer ausgelieferter Produkte eine Qualitätsreklamation erhalten.“
Akzeptiert
Es ist immer schön, wenn sich die Geschäftsleitung oder der QMB Gedanken über Qualitätsziele machen und diese definieren. Das zeugt davon, dass sie sich mit der Thematik auseinandersetzen. Allerdings sind die Geschäftsleitung und der QMB in den seltesten Fällen das ausführende Organ. Daher ist es wichtig, dass die Qualitätsziele von den Mitarbeitern (den Personen, die die Prozesse durchführen!) auch akzeptiert werden. Ist diese Akzeptanz nicht vorhanden, sind die Ziele nur leere Worthülsen und die Mitarbeiter streben diese nicht an. Ein praktikables Gegenmittel dafür ist, die Ziele mit den Mitarbeitern zusammen zu entwickeln. Denn es ist nun mal ganz einfach so, dass eigene Erkenntnisse eher umgesetzt werden (die Motivation ist deutlich höher), als Erkenntnisse, bzw. in diesem Fall Qualitätsziele, die von oben „übergestülpt“ werden. Wichtig ist dabei auch der nächste Punkt, die Realisierbarkeit der Ziele. Und die Prozesseigner bzw. Prozessdurchführenden können sicherlich am besten abschätzen, was realisierbar ist und was nicht.
Realisierbar
Auch wenn es banal klingt, stecken Sie Ihre Ziele nicht zu hoch. Nicht realisierbare Qualitätsziele sorgen im ersten Moment für Demotivation bei den Mitarbeitern die dazu führt, dass keine oder nur sehr wenig Anstrengung unternommen werden, um eine Verbesserung herbeizuführen. Außerdem haben nicht realisierbare Ziele den Nachteil der Enttäuschung bei Nichterreichung. Ein Qualitätsziel wie „Wir möchten alle Qualitätsreklamationen eliminieren“ ist absolut kontraproduktiv.
Terminierbar
Ebenso wichtig, wie die ersten 4 Punkte der SMART-Regel ist die Terminierbarkeit der Ziele. Wenn Sie sich keinen Termin setzen, zu dem die Ziele erreicht werden sollen, so können Sie davon ausgehen, dass diese im Tagesgeschäft untergehen und immer wieder nach hinten verschoben werden. Es ist immer Weihnachtsgeschäft, Saison, Urlaubszeit, Grippewelle – und es kann immer ein Grund gefunden werden, warum man sich an die Ziele erst im nächsten Monat oder Jahr heranmacht. Beugen Sie dem vor!
Und denken Sie bei allen Zielen stets daran, dass diese nicht zum Selbstzweck und Arbeitsbeschaffung gedacht sind, sondern Sie dabei unterstützen sollen, die Qualität der eigenen Produkte oder Dienstleistungen zu steigern und somit auch die Kundenzufriedenheit erhöhen sollen!
Forderungen der ISO 9001
Die ISO 9001 behandelt das Thema im Kapitel 5.4.1 Qualitätsziele.
Mit nur 11 Zeilen ist dieser Punkt sehr schnell „abgearbeitet“ und bietet reichlich Platz für Ihre eigene Kreativität bei der Entwicklung der Qualitätsziele.
Die ISO 9001 schreibt nur vor, dass die Qualitätsziele für „zutreffende Funktionsbereiche und Ebenen“ und für die Produkte und/oder Dienstleistungen definiert werden müssen. Wobei natürlich das Wort „zutreffende“ am meisten Spielraum für Interpretationen lässt, was nun zutreffend ist und was nicht. Ebenso schreibt die Norm vor, dass die Ziele messbar und im Einklang mit der Qualitätspolitik sein müssen.
Qualitätsziele Beispiele
Bevor ich einige Beispiele von Qualitätszielen geben möchte, kurz einige Worte, wo diese Qualitätsziele festgeschrieben werden können und müssen. Wie wir oben gelesen haben, fordert die ISO 9001 Qualitätsziele – diese müssen aber nicht zwingend (alle) im Qualitätsmanagementhandbuch festgeschrieben werden. Sollten diese im Handbuch oder einem mitgeltenden Dokument festgeschrieben werden sollen, so empfiehlt es sich auf jeden Fall darauf zu achten, dass es nicht zu viele werden. Eine gangbare Lösung dafür wäre zum Beispiel die übergeordneten Qualitätsziele in der Dokumentation niederzuschreiben, während die detaillierteren Ziele in Abteilungsvereinbarungen, Arbeitsplatzvereinbarungen o.ä. dokumentiert werden.
Nun aber wirklich einige Beispiele von Qualitätszielen, die ich persönlich für praktikabel halte:
- Wir reduzieren die Wartezeit unserer Patienten auf max. 10 Minuten.
- Die Ausschussrate soll um 10% gesenkt werden.
- Jeder Mitarbeiter erhält mindestens eine Fort- oder Weiterbildung.
- Wir senken die Fehlerbehebungskosten um 10%.
- Wir erzielen mindestens 5 Verbesserungsvorschläge aus internen System- oder Prozessaudits.
- Wir senken die Reklamationsrate um 5%.
- Wir steigern die Kundenzufriedenheit um 10%.
- …
Wenn diese Ziele dann noch einterminiert werden, zum Beispiel mit dem Zusatz „Wir streben die Umsetzung aller Qualitätsziele bis zum 31.12.2013.“, dann haben Sie eine gute Grundlage geschaffen. Dann heißt es nur noch an die Ursachen zu gehen und diese Ziele dann auch dementsprechend umzusetzen.
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