Frage zum Thema „Unterschied zwischen einer Verfahrensanweisung und einer Prozessbeschreibung“
Vor einigen Tage erhielt ich von einer Leserin meines Blogs eine Email mit einer sehr interessanten Frage:
„Hallo Herr Thode,
könnten Sie mir bitte den Unterschied zwischen einer Verfahrensanweisung und einer Prozessbeschreibung erklären.
Ist dass das selbe? Im Internet finde ich meistens nur, dass Prozessbeschreibung die modernere Art der VA ist.
Für Ihre Hilfe bedanke ich mich.
Gerne können Sie die Frage auch im Blog veröffentlichen.
Gruß …“
Meine Anwort darauf war folgende:
„Hallo Frau xxx,
vielen Dank für Ihre Email und bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort. Allerdings hat auch bei uns Corona geschäftlich „zugeschlagen“. Aktuell gibt es einige Verwerfungen bei Terminen, Umstellungen von Vor-Ort-Terminen auf Remote-Termine bzw. Audits und dies kostet aktuell richtig viel Zeit und Nerven.
Nun aber zu Ihrer Frage, die wirklich nicht so einfach ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Denn meines Wissens gibt es keine fixe Definierung, was eine Verfahrensanweisung und eine Prozessanweisung ist und wo die klare Grenze gezogen wird. Auch die Beschreibung in der ISO 9000 ist mir da nicht deutlich genug, denn da steht zum Beispiel als Definierung eines Verfahrens: „Verfahren – festgelegte Art und Weise, eine Tätigkeit oder einen Prozess (3.4.1) auszuführen“. Da werden die beiden Begriffe dann nämlich auch gemischt.
Fangen wir einfach mal mit der Historie an und da liegen Sie völlig richtig – früher war es nach meiner Erfahrung wirklich so, dass die Unternehmen viel mit Verfahrensanweisungen gearbeitet haben. Nachdem die ISO 9001 dann auf den prozessbasierten Ansatz umgestellt wurde, haben auch viele Unternehmen ihre durchzuführenden Tätigkeiten als Prozesse gesehen und diese dann in der Dokumentation als Prozessanweisung oder Prozessbeschreibung genannt. Andere Unternehmen wiederum haben die Bezeichnung Verfahrensanweisung einfach belassen, weil sich an den Tätigkeiten an sich ja nichts geändert hat. Wichtig wäre mir an dieser Stelle noch zu erwähnen, dass die ISO 9001 zwar den prozessorientierten Ansatz fordert und auch dass diese Prozesse dokumentiert werden. Es ist allerdings an keiner Stelle die ausdrückliche Vorgabe, dass diese Dokumentationsteile dann unbedingt Prozessanweisung oder Prozessbeschreibung heißen müssen. Ich bin gerade in der letzten Woche bei einem Unternehmen gewesen, das für alle im Unternehmen durchzuführende Prozesse „Verfahrensanweisungen“ hatte.
Kommen wir jetzt zum praktischen Ansatz, wo sich für mich dann im ersten Moment immer die Frage stellt, bis zu welcher Tiefe oder zu welchem Detaillierungsgrad sollen / müssen die Tätigkeiten beschrieben werden. Wenn die Tätigkeiten nicht zu detailliert beschrieben werden sollen, dann haben wir für die Prozesse nur eine Ebene der Dokumentation und somit ist es (wie oben beschrieben) egal, wie diese Dokumentationsteile dann heißen. Wobei ich persönlich sagen muss, dass mir (wie bei Ihnen in der Email formuliert) der Begriff der Prozessbeschreibung sympathischer ist als der Begriff der Prozessanweisung. Prozessanweisung hört sich sehr „befehlsmäßig“ an, während Prozessbeschreibung etwas unterstützender klingt und so vielleicht eher von Mitarbeitern akzeptiert wird – dies ist allerdings meine ganz persönliche Meinung.
Interessant wird es allerdings, wenn Sie die Tätigkeiten in einem Unternehmen detaillierter und auf verschiedenen Ebenen beschreiben möchten. Da haben sich nach meiner Erfahrung folgende „Hierarchieebenen“ als praktikabel erwiesen:
- Prozessanweisung – Beschreibung der Tätigkeiten auf relativ hoher „Flughöhe“ – Praxisbeispiel: Als Prozess wird der Besuch eines Kunden durch den Außendienstmitarbeiter gesehen und es wird grob beschrieben, wie dieser von der Terminvereinbarung bis zur Ablage des Besuchsberichtes durchzuführen ist.
- Verfahrensanweisung – nähere und detaillierte Beschreibung eines Einzelschrittes der Prozessanweisung – Praxisbeispiel: Wir bleiben einfach mal gedanklich bei dem oben genannten Prozess und da könnte eine Verfahrensanweisung sein, wie der Mitarbeiter bei der Terminvereinbarung vorzugehen hat, zum Beispiel, dass er erst eine Mail zu versenden hat und wenn er innerhalb von zwei Wochen keine Antwort bekommt, dass er dann nochmal telefonisch nachhakt.
- Arbeitsanweisung – ganz detaillierte Beschreibung eines einzelnen Tätigkeit – Praxisbeispiel: Das wäre hier zum Beispiel die genaue Vorgabe, wie er das Emailprogramm zu öffnen hat, welches Schaltfeld er zu klicken hat um eine neue Mail zu erstellen, was in der Betreffzeile zu stehe hat….
Das Praxisbeispiel habe ich jetzt mit Absicht so gewählt, dass es allgemeingültig ist, obwohl allerdings diesen Prozess wohl nicht viele Unternehmen in der Detailtiefe beschrieben haben.
Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe. Sollten Sie weitere Fragen haben, so wenden Sie sich gerne jederzeit wieder an mich.
Viele Grüße und bleiben Sie gesund
Michael Thode“
Vielleicht steht ja auch der ein oder andere Leser dieses Blogs vor der identischen Frage. Dafür hier die Veröffentlichung der Mail und meiner Antwort darauf.
Sollten auch Sie eine Frage haben, dann bitte einfach gerne über das Kontaktformular stellen.
Warum bleibt der externe Auditor solange, wie er bleibt? Wer entscheidet über die Erteilung des ISO 9001 Zertifikates?
Hallo Herr Thode, ich möchte mich für den tollen Blogbeitrag bedanken! Ich habe eine Weiterbildung zum QMB gemacht um in unserem Unternehmen in den nächsten Jahren die Einführung eines QM Systems zu begleiten und trotzdem waren wir die Unterschiede einfach nicht so wirklich bildlich klar. Dank Ihres Beitrags habe ich die Hirarchieebenen besser verstanden.
Moin Herr Luchs,
wunderbar, das freut mich sehr zu hören.
Viele Grüße
Michael Thode