Blog der Lösungsfabrik

Qualitätsmanagement und ISO 9001

Blogbeitrag Fragetechniken im Audit

Wie schon mehrfach auf diesem Blog geschrieben und wie ich auch immer wieder in meiner langjährigen Erfahrung feststellen konnte, bestimmt die Qualität der Fragen in einem Audit in besonderem Maße die Qualität der Antworten. Auf gut Deutsch heißt das: „Wenn ich gut frage, bekomme ich gute Antworten“.

Aus diesem Grund möchten wir an dieser Stelle in einem Blogbeitrag auf die verschiedenen Fragetechniken eingehen.

Mit bestimmten Fragetechniken können Sie das Gespräch in die richtige Richtung lenken und seinen Verlauf so beeinflussen, dass Sie zügig Ergebnisse erhalten, was gerade im Audit von entscheidender Bedeutung ist. In Audits können Sie meist mit folgenden 5 Fragetechniken in Kontakt kommen:

  • Offene und geschlossene Fragen,
  • Alternativ-,
  • Gegen- und
  • Suggestivfragen.

Alle diese Fragen können von Ihnen im Audit angewandt werden bzw. Ihnen begegnen. Einige Fragetechniken sind von Vorteil, andere weniger, aber es kann nicht pauschalisiert werden, welche Fragetechnik generell im Audit die beste ist. Das ist immer abhängig von der jeweiligen Situation und Ihrem Gesprächspartner sowie Ihrer bisherigen Vorgehensweise und den Gefühlen auf beiden Seiten.

Da man mit einer einzelnen Fragetechnik nicht oder nur schwerlich ans Ziel kommt, ist es nützlich, verschiedene Fragetechniken zu kennen, zu beherrschen und geschickt miteinander zu kombinieren. Und zu wissen, was man wann und warum unterlassen sollte.

Offene Fragen

Offene Fragen sind die wichtigste und üblicherweise häufigste Fragetechnik im Audit und signalisieren Interesse am Gesprächspartner. Dazu zählen die klassischen W-Fragen: „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum…“. Ihr Gesprächspartner kann bei seiner Antwort ohne Einschränkung frei formulieren und seinen Standpunkt und sein Wissen ggf. ausführlich und detailliert beschreiben. Offene Fragen sind nützlich, um viel zu erfahren und ermöglichen tiefgehende Gespräche, die allerdings auch „ausufern“ können. Sie eignen sich jedoch bei wortkargen Gesprächspartnern, da eine einfach ja/nein-Antwort nicht möglich ist und die somit aus der Reserve gelockt werden müssen. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Wie wird bei Ihnen sichergestellt, dass …?
  • Wie ermitteln Sie den Schulungsbedarf in Ihrem Unternehmen?
  • Was tun Sie im Falle von Reklamationen?

Geschlossene Fragen

Sie sind das Gegenteil von offenen Fragen und helfen, einen allzu ausschweifenden Gesprächspartner wieder einzubremsen und dem Gespräch Struktur zu geben. Es sind Fragen, die nur mit ja oder nein oder einer sehr kurzen präzisen Angabe zu beantworten sind. Durch die Formulierung der Frage lassen Sie Ihrem Gesprächspartner keine andere Möglichkeit als kurz und knapp zu antworten. Sie können dadurch sehr schnell an sehr viele Informationen gelangen, aber auch schnell ein Gefühl eines „Verhörs“ bei Ihrem Gegenüber erwecken, da allzu viele nacheinander abgefeuerte geschlossene Fragen etwas Militärisches an sich haben ;-) Falls man nicht sein Gegenüber wieder einfangen muss, bieten sich geschlossene Fragen daher eher zum Gesprächsende hin an. Typische Beispiele sind:

  • Gibt es eine Verfahrensanweisung zum Thema „Managementbewertung“?
  • Wo liegen Ihre xxx-Dokumente ab?
  • Wer ist bei Ihnen der Beauftragte der obersten Leitung?

Geschlossene Fragen können zum Beispiel auch gerne am Anfang bei Gesprächen mit sehr aufgeregten Auditierten angewendet werden. Wenn Sie 3-4 Fragen stellen, auf die die Antwort ein „ja“ ist, nimmt das teilweise schon sehr viel Aufregung beim Befragten.

Alternativfragen

Alternativfragen sind eine Untergruppe der geschlossenen Fragen und ermöglichen, wie es der Name schon sagt, die eine Entscheidung zwischen zwei (oder mehr) Antwortoptionen. Wenn keine der vorgeschlagenen Optionen zutrifft, ist eine typische Antwort „weder noch“. Sie eignen sich weniger für Audits und sollten entsprechend sparsam eingesetzt werden, da sie dem Gesprächspartner bereits Antworten vorgeben, wie z.B.:

  • Wird das Beschwerdemanagement bei Ihnen über eine Verfahrens- oder eine Arbeitsanweisung geregelt?
  • Benutzen Sie als Warenwirtschaftssystem SAP oder Scopevisio?

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, im Audit eine Alternativfrage zu stellen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn ich ausdrücklich für ein positives Gesprächsklima sorgen möchte, wo der Inhalt der Antwort nicht von entscheidender Bedeutung ist, wohl aber das Gefühl beim Gesprächspartner, selbst etwas entscheiden zu dürfen. Ein gutes Beispiel dafür ist folgendes:

  • Möchten Sie zuerst den Wareneingang oder die Produktion begehen?

Suggestivfragen

Auch die Suggestivfragen gehören zu den geschlossenen Fragen. Es sind hypothetische Fragen, die den Gesprächspartner in Richtung Zustimmung manipulieren sollen. Da die Antwort bereits in den Mund gelegt ist, sollte auch dieser Fragetyp im Audit sehr wenig verwendet werden. Nützlich kann dieser Fragetyp jedoch zu Beginn eines Gesprächs mit einem sehr unsicheren Gesprächspartner sein, da ihm die Möglichkeit gegeben wird, auf eine Frage positiv zu antworten und dies seine Selbstsicherheit steigern und damit das Gesprächsklima verbessern wird. Das sollten Sie natürlich nur tun, wenn Sie sich absolut sicher sind, dass die Frage auch wirklich positiv beantwortet werden kann. Ansonsten wäre das eher ein Schuss nach hinten…

Beispiele können sein:

  • Dafür haben Sie doch mit Sicherheit eine Verfahrensanweisung?
  • Sind Sie nicht auch der Meinung, dass dieses Formular etwas veraltet ist?
  • Sie haben doch sicherlich einen Wartungsplan?

 

Gegenfragen

Sie können von beiden Seiten gestellt werden. Gegenfragen können sehr schnell provozierend wirken und entsprechendes Konfliktpotential bieten. Eine typische Gegenfrage ist zum Beispiel:

  • Warum fragen Sie das?

Diese Gegenfrage kennen Sie sicherlich aus dem Alltag, denn auch dort bietet sie Konfliktpotential.

Sollten Sie solch eine Gegenfrage allerdings in einem Audit gestellt bekommen, sollten Ihre internen Alarmglocken klingeln, da es ja durchaus sein kann, dass Sie einen wunden Punkt getroffen haben und jetzt versucht wird, Zeit zu gewinnen oder etwas zu verbergen. In diesem Falle sollten Sie dann doch besser noch einmal nachhaken, um vielleicht eine potenzielle Schwachstelle aufzudecken.

Ketten- oder Doppelfragen

Diesen Fragetyp haben wir eingangs nicht erwähnt. Und das zu Recht. Denn diesen Fragentyp sollten Sie auf gar keinen Fall im Audit anwenden. Es handelt sich dabei um zwei oder mehr aneinander gehängte Fragen, die dem Gesprächspartner gestellt werden. Dies hat den entscheidenden Nachteil, dass er entweder auf die erste oder auf die zweite Frage antwortet und somit einerseits unter Umständen unklar ist, worauf sich die Antwort bezieht und die Antwort auf die andere Frage untergeht. Kettenfragen sind z.B.:

  • Wie erfolgt bei Ihnen die Lenkung fehlerhafter Produkte und wo lagern Sie die gesperrten Produkte?
  • Wie zeichnen Sie die Informationen zum internen Audit auf und wie arbeiten Sie die Maßnahmen ab?

Zusammenfassung

Erfolgreich fragen, heißt die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt zu stellen. Dabei bedenken Sie bitte:

  • Keine Kettenfragen stellen
  • Keine doppelte Verneinung
  • Fragen einfach, kurz und konkret formulieren
  • Offene Fragen zu Gesprächsbeginn
  • Geschlossene Fragen zur Strukturierung („Stopp dem Laberkopp!“) und für präzise Antworten
  • Sparsamer oder überlegter Einsatz von Alternativ- und Suggestivfragen

Und eines kann man an dieser Stelle auch feststellen – auditieren lernt man nicht in einem Lehrgang bzw. durch das Lesen von theoretischen Artikeln wie diesem hier. Auditieren lernt man am besten durch Praxis!

Und nachdem es in diesem Blogbeitrag um Softskills beim internen Audit ging, kann ich Ihnen auch gerne einen Blogbeitrag mit „härteren“ Fakten ans Herz legen: Was fordert die ISO 9001:2015 zum internen Audit?

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